Hidden Immigrant
Einwanderer im eigenen Land
Third Culture Kids können sich den verschiedenen Kulturen der Länder, in denen sie leben und aufwachsen, meist sehr gut anpassen. Sie adaptieren Verhaltens-, Lebens- und Denkweisen, sind aber aufgrund ihres Aussehens trotzdem oft als Ausländer zu erkennen. Zum Beispiel, wenn ein Europäer in einem asiatischen oder afrikanischen Land lebt. Diese Erfahrung hat auch der 19-jährige Philmon gemacht. Er ist in Japan geboren und aufgewachsen, seine Eltern aber kommen aus Deutschland.
Sind TCKs in ihren Gastländern offensichtlich als Ausländer zu erkennen, erwartet keiner, dass sie sich konform den lokalen kulturellen Normen und Konventionen verhalten. Dennoch sind TCKs mit der einheimischen Kultur in der Regel bestens vertraut.
Umgekehrt ist es, wenn TCKs mit ihren Familien oder auch alleine in das Ursprungsland der Eltern zurückkehren. Hier sehen sie zwar aus wie Einheimische, denken und handeln aber anders. Sie sind „Hidden Immigrants“. Da Hidden Immigrants nicht als Fremde zu identifizieren sind, setzen die Menschen ein bestimmtes Verhalten und Wissen bei ihnen voraus.
Was Hidden Immigrants äußerlich zu sein scheinen, ist häufig nicht das, was sie im Inneren fühlen. Manche Hidden Immigrants verbergen deshalb ihre kulturelle Vergangenheit lieber, wenn es um die Frage nach ihrer Identität geht. Sie passen sich der neuen Umgebung in Sachen Kleidung, Sprache und Denkweise bestmöglich an, damit keiner bemerkt, dass sie anders sind. Andere Hidden Immigrants klären ihre Mitmenschen hingegen sofort über ihr Aufwachsen in verschiedenen Kulturen auf. Sie zeigen stolz, dass sie anders sind und auch nicht vorhaben, sich anzupassen. Manchmal beobachten Hidden Immigrants auch gerne das Geschehen und Verhalten der anderen zunächst aus der Entfernung, um nicht zu riskieren, als Kulturlaie entblößt zu werden.
Philmon ist im Januar nach Deutschland zurückgekommen. Seine Eltern sind noch in Japan. Seit über 20 Jahren leben sie schon in dem gut 9.000 Kilometer entfernten Land. Philmons Vater ist Pastor und betreibt in Japan Gemeindeaufbau. In Deutschland wohnt Philmon nun bei seinen Großeltern und möchte im Herbst anfangen hier zu studieren. Bisher hat er sich ganz gut in Deutschland und dem deutschen System zurechtgefunden, es gibt aber immer wieder Momente, in denen er merkt, dass er auch Japaner ist.
Philmon möchte Deutschland jetzt genauso gut kennen lernen wie Japan. Die anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten machen ihm nichts aus. Er ist froh, bald mehr als ein Land seine Heimat nennen zu können. Das Leben zwischen zwei Kulturen möchte Philmon auch in Zukunft weiterführen. Am besten mit einem Job, der beides verbindet.
Nach dem Sommer steht aber erst einmal Studieren auf dem Plan. Was, das weiß Philmon noch nicht genau.
Literatur: David C. Pollock, Ruth E. Van Reken, Georg Pflüger: „Third Culture Kids. Aufwachsen in mehreren Kulturen.“