Alexandra und Yvonne, Tübingen | Südafrika
Yvonne (45) und ihre Tochter Alexandra (16) genießen es ein bisschen mehr als jeder andere Tübinger an einem Sonntag gemütlich über die Neckarinsel zu spazieren, so behaupten sie zumindest. Denn sie sind vor gut einem Jahr ausgewandert, von Südafrika nach Deutschland. „Wir mussten unseren Lebensstandard etwas einschränken. Unser Haus ist kleiner, meine berufliche Erfahrung als Ärztin wurde hier nicht anerkannt, aber dafür können wir einfach aus der Haustür spazieren, uns frei bewegen und wir fühlen uns sicher”, sagt Yvonne.
Für Alexandra, die in Südafrika geboren ist, dort auf eine deutsche Schule ging und als Austauschschülerin nach Deutschland kam, steht fest, dass sie bleiben möchte.
„Für mich ist Deutschland wie ein Paradies! Ich mag die Menschen, ich mag die Kultur, ich mag alles! Ich habe ein Praktikum im Bundestag gemacht und gesehen, mit welcher Gründlichkeit die Dinge hier erledigt werden und wie professionell alles abläuft. Das hat mich inspiriert, ich versuche jetzt auch mich als Mensch dem Land wertvoll zu machen, auch wenn sich das vielleicht ein bisschen übermotiviert anhört.”
Gewissenhaft, zuverlässig und pflichtbewusst – stereotypische deutsche Eigenschaften, die die zwei Südafrikanerinnen tatsächlich sehr an der deutschen Mentalität schätzen. „Ich mag vor allem das Vertrauen zwischen den Menschen, hier gibt es ein fühlbares Grundvertrauen, das ist schön.”
Hier und da können die Mentalitäten aber auch mal kollidieren: „Die vielen kleinen Verbote können ganz schön nervig sein. Dass man beispielsweise den Rasen auf dem Golfplatz nicht betreten darf, ist mir schnurzegal! Ein anständiger Deutscher würde das vermutlich nicht tun”, sagt Alexandra und lächelt verschlagen.
Ihre Mutter greift ein und verdeutlicht: „Die deutsche Gesellschaft ist verweichlicht! Ein bisschen Schwindel und schon geht’s ab ins Krankenhaus! Da sind die Südafrikaner schon pragmatischer. Ich fahre auch mal ohne Sicherheitsgurt schnell zu Aldi oder packe vier Leute auf den Rücksitz für eine kurze Strecke – das geht jetzt aber nicht an die Polizei, oder?”